Statistische Modelle 2
Statistische Modelle zählen zu den Grundlagen des Denkmodells der empirischen Psychologie und verfolgen das Ziel, Parameter aus existierenden Daten zu schätzen, um die Daten möglichst gut zusammenzufassen bzw. zu beschreiben, latente, also in den Daten versteckte Merkmale zu extrahieren und gegebenenfalls Parameterwerte für neue Individuen vorherzusagen.
Beispiele für statistische Modelle stellen unter anderem Verteilungsmodelle, Sequential Sampling Modelle, psychometrische Funktionen und das Allgemeine Lineare Modell (GLM) dar.
Eine vereinfachte Beschreibbarkeit der Daten erreichen diese Modelle oftmals durch Abstraktion und Reduzierung unwesentlicher Informationen – sie versuchen sozusagen aus dem unvermeidlichen Rauschen einer empirischen Messung das Signal herauszufiltern. Ein Beispiel wäre bereits die Berechnung von Mittelwerten und Standardabweichungen, welche auf der Annahme beruht, dass die Daten einer Normalverteilung folgen und sich anhand der Parameter dieses Datenmodells (der Normalverteilungskurve) die Daten exakt beschreiben lassen. Diese Vereinfachung führt jedoch zu Abweichungen gegenüber den Originaldaten, welche man als „Fehler“ bezeichnet. Diesen Fehler versucht man durch das Fitten des Modells an die Daten zu minimieren. Ein Vergleich der empirischen mit den modellierten Daten erlaubt anschließend die Beurteilung der Beschreibungsgüte (Güte des Fits) des Modells.
Aufgrund der Tatsache, dass statistische Modelle überhaupt erst aus existierenden Daten gewonnen werden können und dann zur Beschreibung dieser Fälle verwendet werden, sind sie in der Regel nicht uneingeschränkt auf andere Fälle übertragbar. Da sie lediglich versuchen, Daten auf einer abstrakten Ebene zu beschreiben bzw. zusammenzufassen, können Sie zumeist auch keine überraschenden Vorhersagen machen. Da diese Modelle nur Beschreibungen und keine mechanistischen Erklärungen darstellen, können Sie sich zudem nicht verhalten und somit nicht zur Simulation neuer Untersuchungen dienen.
Deutlich werden diese Sachverhalte, wenn wir einen Vergleich mit dem Modell der Gravitation von Newton ziehen: Wenn wir immer wieder Aufenthaltsorte von Planeten am Himmel messen, so mögen wir in der Lage sein, die entstehenden Punkte auf einer Karte durch elliptische Bahnen abstrakt zusammenzufassen. So mag es dann auch möglich sein, auf Basis der abstrakten elliptischen Bahnen einen zukünftigen Aufenthaltsort für einen Planeten vorherzusagen. Weiter werden wir mit diesen einfachen Beschreibungen der Daten aber nicht kommen, denn wir haben die Daten nur beschrieben, aber können nicht erklären, wie sie entstehen, welche physikalischen Gesetze dahinterstehen. Erst Newtons Beschreibung der mechanistischen Zusammenhänge zwischen Himmelkörpern erlaubt es, über die gemessenen Daten hinauszugehen und anhand der gemessenen Bahnen neue Planeten vorherzusagen (und dann empirisch zu finden) – also auf Basis der Daten und der angenommenen Zusammenhänge auch neue Vorhersagen zu machen. Diese Formeln Newtons stellen ein mathematisches Modell der Bewegung von Himmelskörpern dar, im Gegensatz zu den Kreisbahnen, die lediglich die gemessenen Punkte sparsam zusammenfassen.