Verifikation und Falsifikation

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Verifikation bedeutet die Bestätigung einer Hypothese oder einer Theorie.

Eine Verifikation von allgemeingültigen Aussagen ist nur durch die Untersuchung der Gesamtpopulation möglich. Anhand von Stichprobendaten getroffene Schlussfolgerungen sind logisch nicht zulässig. Es besteht die Gefahr eines Induktionsschlusses (siehe Induktion). Das heißt, dass von einer begrenzten Anzahl bestätigter Einzelergebnisse auf die Allgemeingültigkeit der Hypothese oder Theorie geschlussfolgert wird. Es gibt aber theoretisch unendlich viele mögliche Stichproben, welche die vorliegenden Ergebnisse widerlegen könnten. Ein hypothesenkonformes Ergebnis ist also nur ein Anlass, die Hypothese bis zum Auftauchen gegenteiliger Befunde vorläufig beizubehalten.

In der Empirie sind die Problem- und Fragestellungen unendlich vielfältig, die Stichproben, die untersucht werden können und die Zahl der Untersuchungen hingegen sind endlich. Daher kann der Gegenstandsbereich einer Theorie nie vollständig untersucht werden. Aufgrund dessen können psychologische Theorien nie mit vollständiger Sicherheit bewiesen werden. In der Wissenschaftstheorie sprechen wir daher vom Grad der Bewährung einer Theorie. Durch viele verschiedene empirische Untersuchungen können wissenschaftliche Hypothesen und Theorien also vorläufig bestätigt oder gegebenenfalls widerlegt werden. Die Widerlegung einer Hypothese bezeichnet man als Falsifikation. Das Ziel wissenschaftlichen Arbeitens ist es, Theorien auf den Grad ihrer Bewährung hin zu überprüfen. Die Wissenschaft richtet sich also nach dem Falsifikationsprinzip und nicht nach dem Verifikationsprinzip.

Beispiel In einer Untersuchung wird folgende Hypothese bearbeitet: Eine kognitiv-behaviorale Psychotherapie führt zu einer Verbesserung der Angstsymptomatik. Hierfür wird eine deutschlandweite Zufallsstichprobe von 400 Personen mit der Diagnose „Panikstörung“ rekrutiert und in einem Zwei-Gruppen-Randomisierungsplan untersucht. Im Ergebnis zeigt sich eine signifikante Verbesserung der Angstsymptomatik. In drei weiteren Studien mit anderen Stichproben zeigen sich ebenfalls signifikante Ergebnisse. Die Hypothese wird vorläufig bestätigt.


Falsifikation bedeutet die Widerlegung einer Hypothese oder einer Theorie.

Wissenschaftliche Hypothesen, die als deterministische Allsätze formuliert sind, können durch die Untersuchung einer Stichprobe überprüft und im Fall ihrer Ungültigkeit abgelehnt werden. Wenn die postulierten Zusammenhänge, Unterschiede oder Effekte also nicht in der Stichprobe gefunden werden, darf man für diesen Fall schlussfolgern, dass auch in der Population solche Zusammenhänge, Unterschiede oder Effekte nicht zutreffen. Man muss dennoch die interne Validität der Untersuchung berücksichtigen. Sind die Ergebnisse der Stichprobenuntersuchung verzerrt, so darf man sie weder zur Bestätigung noch zur Falsifikation einer Hypothese oder Theorie verwenden. Es lassen sich also nur deterministische Allsätze in intern validen Untersuchungen empirisch falsifizieren. Im Falle von probabilistischen Hypothesen müssen explizite Falsifikationskriterien angenommen werden, um diese zu falsifizieren.

Das Prinzip stammt aus der Wissenschaftstheorie von Karl Popper und dem so genannten kritischen Realismus und besagt, dass der Wissenschaftler streng gegen sich selbst sein soll. So ist der „wissenschaftliche Fortschritt nur durch systematische Eliminierung falscher Theorien mittels empirischer Falsifikation möglich.“ (Bortz & Döring, 2005, S.22) Aus diesem Grundsatz und der endlichen Anzahl von Studien ergibt sich die Regel, dass Hypothesen und Theorien niemals mit vollkommener Sicherheit bewiesen werden können. Aus Kostengründen und pragmatischen Gründen werden stets nur Stichproben untersucht und ebenso nur eine bestimme Anzahl von Untersuchungen erbracht, sodass der Gegenstandsbereich der Theorie nie vollständig untersucht werden kann. Aufgrund dessen sprechen wir in der Wissenschaftstheorie vom Grad der Bewährung einer Theorie. Durch einzelne empirische Untersuchungen können wissenschaftliche Hypothesen und Theorien nur vorläufig bestätigt oder eben widerlegt werden. Die Bestätigung einer Hypothese bezeichnet man als Verifikation.

Beispiel Folgende Hypothese wird in einer wissenschaftlichen Studie überprüft: Kaugummikauen beeinflusst die Konzentrationsleistung positiv. Hierfür wird eine Stichprobe von 100 Schülern in einem Zwei-Gruppen-Randomisierungsplan untersucht. Im Ergebnis zeigen sich keine signifikanten Unterschiede zwischen Versuchs- und Kontrollgruppe. Die Hypothese wurde falsifiziert.



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