William von Ockham

Aus eLearning - Methoden der Psychologie - TU Dresden
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William von Ockham (1285-1349) war ein mittelalterlicher Philosoph und Theologe. Er lehnte die von durch Thomas von Aquin vertretenen komplizierten Konstrukte über Gott und die Welt ab. In Ockhams Augen verdrängten diese Konstrukte (vereinfacht: Gott gibt sich über die Ausformung der Materie zu erkennen) die Unmittelbarkeit und Allmacht Gottes aus dem Zentrum der Theologie. Stattdessen war die theologische Wahrheit nun an eine philosophische Basis gebunden. Gott wurde gewissermaßen durch philosophische Erkenntnisse „rationalisiert“, d.h. ihm wurde eine Notwendigkeit zugeschrieben. (nach Wallach, 2009)
Ockham kämpfte gegen diese Weltanschauung: Das Erkennen von Gott musste direkt und unabhängig vom Erkennen der Außenwelt sein. Hinter dieser Forderung stand zum einen ein strenger, unbedingter Gottesglaube. Zum anderen resultierte daraus ein auf Ockham rückführbares methodisches Prinzip, das später auch unter dem Namen Ockhams Rasiermesser (engl. Ockham's Razor) bekannt wurde: „Wesenheiten sollen nicht ohne Notwendigkeit vermehrt werden.“ (Wesenheiten kann man im modernen Sinne als theoretische Konzepte oder Konstrukte verstehen, siehe Wallach 2009) Dies bedeutet hier konkret, dass Ockham es ablehnt, Theorien über Gott aufzustellen, wenn es doch schon eine einfache Antwort gibt: Gott ist Wahrheit, dies lehrt die Bibel.
Es ist eine Ironie der Geschichte, das Ockhams Rasiermesser als Ockhams Beleg für Gottes Allmacht später zu einem zentralen Prinzip der Naturwissenschaft wurde: Die einfachste Theorie, die am meisten erklärt, ist zu bevorzugen.

Aus psychologischer Sicht ist außerdem Ockhams Position im sogenannten Universalienstreit interessant: Aus seiner Sicht neigten Menschen dazu, jeglicher Begrifflichkeit eine Wirklichkeit zuzuschreiben (begrifflicher Realismus). Ockham dagegen vertritt dagegen einen begrifflichen Nominalismus: Nur weil Menschen ein Wort für etwas hatten, bedeutete das nicht nicht, dass dieses etwas wirklich existierte.

Beispielsweise besteht die Gefahr, dass wir aufgrund unserer Worte Dinge wie „Liebe“, „Gerechtigkeit“ oder „Wahrheit“ als existent betrachten. Eigentlich können wir aber nur so etwas wahrnehmen wie liebevolle Taten, gerecht handelnde Menschen oder wahre Sätze etc. Das bedeutet, das Konstrukt, z.B. der Liebe an sich, existiert gar nicht, sondern nur die Handlungen und Äußerungen von Lebewesen, die wir diesem übergeordneten Konstrukt zuschreiben.

Dieser Gedanke findet sich in der modernen Wissenschaft in der Begriffsbildung und der Operationalisierung wieder. Wenn ein Wissenschaftler etwas gemessen hat, was er als „Intelligenz“ bezeichnet, heißt das nicht, dass ein Konstrukt wie DIE Intelligenz wirklich existiert.