Neurobiopsychologie

Aus eLearning - Methoden der Psychologie - TU Dresden
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Die Neuro(bio)psychologische Perspektive fußt auf zwei Hypothesen:

1) Gehirnhypothese: Das Gehirn ist der Sitz sämtlicher psychischer Funktionen. Diese Hypothese gilt heute als gut belegt, im Gegensatz zu sehr frühen Überlegungen, z.B. des Aristoteles, welcher das Herz als Sitz der Seele vermutete und das Gehirn nur als Kühlorgan ansah. Aus der Gehirnhypothese lässt sich ableiten, dass psychische Funktionen einen lokalisierbaren Sitz im Gehirn haben (Lokalisationshypothese).
Während diese Hypothese im Prinzip bereits von der Phrenologie vertreten wurde, allerdings auf der Basis heute unhaltbarer, heute als pseudowissenschaftlich anzusehender Methoden und Befunde, ist Sie heute zentral im Bemühen der kognitiven Neurowissenschaften. Im Gegensatz zur Lokalisationshypothese steht die Equipotentialhypothese, die das Gehirn als ein holistisches Ganzes sieht, welches in seiner Gesamtheit psychische Funktionen hervorbringt. Aus dieser Sicht sind psychische Funktionen also nicht lokalisierbar. Einen Mittelweg stellt die immer mehr etablierende komplexe Netzwerkhypothese dar, welche das Gehirn als „Small World“ Netzwerk sieht, mit zentralen Kommunikationsknotenpunkten und weniger zentralen Seitenarmen. Demensprechend sind zentrale Knotenpunkte (z.B. Amygdala oder anteriorer cingulärer Kortex) an vielen psychischen Funktionen beteiligt, während die Seitenarme eher eine Spezialisierung aufweisen.

2) Neuronenhypothese: Nervenzellen (Neurone) sind die kleinste informationstragende Einheit. Informationen werden über elektrische Signale weitergeleitet. Bei Lernprozessen können Synapsen ausgebaut und verändert werden. Während auch diese Hypothese als gut belegt angesehen wird, stehen ihr Kontinuitätslehren entgegen, die eher auf ganze Neuronenverbände oder neuronale Felder fokussieren, als auch Theorien, die den Fokus auf Neurone im Vergleich zu den viel zahlreicheren Gliazellen kritisieren.
Zusammen stellen die beiden Hypothesen die für die heutige neurowissenschaftlich orientierten psychologischen Forschungsrichtungen die wichtigste Basis dar.
In Verbindung mit dem Konnektionismus und dem Kognitivismus verbindet sich die Neuro(bio)psychologie zur kognitiven Neurowissenschaft und begibt sich auf die anatomisch-organische Ursachenebene menschlichen Erlebens und Verhaltens.

Abgeleitete Therapiemethoden
Aus neuropsychologischen Überlegungen entwickelten sich im Laufe der Zeit verschiedene Therapiemethoden (psychischer) Störungen.

Lobotomie Bei dieser neurochirurgischen Operation werden Nervenbahnen zwischen Thalamus und Frontallappen, sowie Teile der grauen Substanz durchtrennt. Dies nennt sich auch „Denervierung“. Im psychologischen Bereich wird diese Therapiemethode eingesetzt, wenn Patienten unter Psychosen oder Depressionen leiden und diese sehr starke körperliche Unruhezustände mit sich bringen. Dies lindert zwar die Beschwerden, führt aber oftmals zu einer Persönlichkeitsänderung im Bereich der Emotionalität und Motivation. Während diese Therapieform anfangs als großer Erfolg angesehen wurde, gilt sie heute als sehr grobes und in vielen vergangenen Fällen fälschlich angewandtes Verfahren.

Epilepsieoperationen
Bei einer Epilepsieoperation wird der Teil des Gehirngewebes operativ entfernt, von dem der Anfall ausgeht. Wenn diese Gehirnregion für überlebensnotwenige oder andere zentrale Funktionen zuständig ist (Atmen, Sprechen, Sehen etc.) kann das Gewebe nicht vollständig entfernt werden, dennoch zeigt sich auch schon bei der Reduktion des Gewebes eine Besserung der Anfälle. Während früher die Gewebeentnahme großzügiger ausfiel (siehe [http://de.wikipedia.org/wiki/Henry_Gustav_Molaison Wikipedia: der Gedächtnispatient H.M.), wird heute mittels intrakranialem EEG eine genaue Untersuchung durchgeführt, welche Areale an der Auslösung des Anfalls beteiligt und welche für wichtige kognitive Operationen unentbehrlich und damit zu verschonen sind.

Hirnschrittmacher und Neuroimplantate
Als Hirnschrittmacher bezeichnet man implantierte Elektroden, die für die Stimulation eines bestimmten Bereiches im Gehirn sorgen. Angewendet wird diese tiefe Hirnstimulation aktuell gegen Bewegungsstörungen durch Krankheiten wie Parkinson, Dystonie oder Tremor. Es wird ebenfalls experimentiert, ob sich Depressionen durch die Stimulation spezifischer Hirnareale mildern lassen und ob epileptische Anfälle durch Hirnschrittmacher reduziert werden können.

Neuropharmakologie
Die Neuropharmakologie ist ein Teilbereich der Pharmakologie der sich damit beschäftigt, wie sich Medikamente auf das zentrale Nervensystem auswirken. Dies betrifft neben Schmerz- und Schlafmitteln auch die Psychopharmaka zur Behandlung psychiatrischer Störungen.