Verfälschung
Versuchspersonen können mitunter ihre eigenen Ergebnisse verfälschen. Dies führt zu Verzerrungen, die nicht zum den in der klassischen Testtheorie angenommenen Messfehlern zählen.
Absichtliche Testverfälschung wird auch Faking genannt und tritt vor allem in subjektiven Tests auf.
Diese kann dadurch ausgelöst werden, dass Versuchspersonen besonders gut dastehen wollen (v.a. vor sich selbst).
Diese Selbstdarstellungseffekte lassen sich zum Beispiel reduzieren, indem das Forschungsprojekt umfassend beschrieben wird. Ziel ist hierbei, dass die Versuchsperson sich bewusst wird, dass es in der Studie nicht um sie selbst im Speziellen geht (hilfreich kann es also auch sein, zu betonen, dass es sich um Grundlagenforschung handelt).
Ähnlich wirkt es, die Ergebnisrückmeldung offenzulegen: wenn die Ergebnisse rein in Mittelwerten präsentiert werden, gibt es kaum Grund für Selbstdarstellung.
Letztlich kann man auch mit dem Wert der Selbstkonfrontation werben. Wenn ehrliche Antworten zu größerer Selbsterkenntnis führen können, wiegt dies eventuell schwerer für die Versuchsperson als ihre möglichen Motive für falsche Antworten (vgl. auch "Total Design Method" bei Befragungen).
Ähnlich wie das Motiv der Selbstdarstellung kann auch das Bedürfnis nach sozialer Erwünschtheit (einen guten Eindruck auf andere Personen machen wollen) zum Faking führen.
Ein Möglichkeit, die Anfälligkeit des Tests für soziale Erwünschtheit abzuschätzen besteht darin, Versuchspersonen einen Test zweimal ausfüllen zu lassen: einmal mit den Antworten, die sie als maximal erwünscht betrachten, und einmal „normal“. Bei einer großen Diskrepanz zwischen beiden Ergebnissen sollte man den Test noch einmal überarbeiten.
Um Einflüsse soziale Erwünschtheit einzuschränken,
*können hypothetische Situationsvorgaben gegeben werden, sodass die Versuchsperson in die entsprechende Rolle schlüpft – was die Effekte sozialer Erwünschtheit sinken lässt oder auf ein ähnliches Niveau für alle Teilnehmer hebt. (Bsp: „Stellen Sie sich vor, Sie füllen diesen Test als Bewerber für eine Stelle bei X aus…“)
- können Appelle zu korrektem Testverhalten helfen. Deren Wirkung kann verstärkt werden, indem der Test vorgibt, „Faking“ erkennen zu können. Bei dieser Variante sind allerdings die ethischen Implikationen einer solchen Lüge zu beachten.
- kann man Items so formulieren, dass sie in einer Variante eine Antwort als sozial erwünscht darstellen, in einer anderen Variante die gegenteilige Antwort (Bsp: „Wie fleißig sind Sie?“ und „Wie arbeitsversessen sind sie?“)
- kann die Randomized Response Technik eingesetzt werden, welche für die Probanden sicherstellt, dass ihre Antwort anonym bleibt. Bei dieser Technik bestimmt der Zufall, ob ein Proband ein Item ehrlich oder absichtlich falsch beantwortet. Anhand der Zufallswahrscheinlichkeit kann man dann über Probanden hinweg errechnen, wie hoch der wirkliche Zustimmungsgrad in einer Population ist. (für ein anschauliches Beispiel, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Randomized-Response-Technik)
Um Teilnehmer zu detektieren, welche besonders sozial erwünscht antworten, kann man Lügenskalen in den Test einbauen, d.h. bestimmte Fragen, die ein Indiz dafür sind, in welchem Ausmaß die Versuchsperson sozial erwünscht antwortet. (Beispiel: Wenn Vpn dem Item „Ich lüge nie“ zustimmen, kann man sich recht sicher sein, dass soziale Erwünschtheit für sie eine große Rolle spielt. Denn diese Aussage ist eigentlich sachlich nicht möglich.)
Neben den eher gezielten Verfälschungungen, können jedoch auch unabsichtliche Verzerrungen geschehen.
Primacy- und Recency-Effekten (man behält das erste bzw. letzte Item einer Reihe besser als andere und wird dementsprechend mehr durch diese beeinflusst) kann durch die interindividuelle Variation der Itemreihenfolge entgegengewirkt werden.
Wirksam ist dieses Vorgehen auch bei einigen Konzentrationseffekten.
Zusätzlich sollte man die Orientierung der Items regelmäßig wechseln (bspw. Antworten, die auf hohe Gewissenhaftigkeit hindeuten, manchmal ganz rechts und manchmal ganz links anordnen), was auch Reproduktionseffekte (ähnliche Fragen gleich beantworten) vermindert.
Teilweise zeigen Versuchspersonen auch bestimmte Antworttendenzen.
Zustimmungs- oder Ablehnungstendenzen können durch stark abgestufte Items (viele Intensitätsstufen in den Antwortmöglichkeiten) oder – wie oben - durch ausbalancierte Orientierung dieser abgeschwächt werden.
Eine letzte Quelle von Verzerrungen tritt auf, wenn Versuchspersonen wegen mangelnden Verständnisses Fragen überspringen. Deshalb sollte man darauf achten, möglichst klare und eindeutige Formulierungen zu verwenden.