Kognitive Architekturen
Kognitive Architekturen sind als Computerprogramm implementierte Modelle eines kognitiven Systems. Sie sind somit gleichzeitig Theorien über Kognition und deren komputationale Realisierung. Sie versuchen die grundlegenden Mechanismen menschlicher Kognition zu beschreiben und zu integrieren. Dabei verlassen sie sich auf empirisch gestützte Annahmen aus der Kognitionspsychologie, sind häufig aber auch durch die Kognitive Neurowissenschaft inspiriert. Die Modelle nehmen an, dass zumindest ein Teil der postulierten grundlegenden Prozesse in jeder von Menschen lösbaren Aufgabe eingesetzt werden.
Die Funktionsweise kognitiver Architekturen besteht einmal in der Repräsentation von sich selbst und von Umweltaspekten, dem Abgleich zwischen diesen Repräsentationen und einprogrammierten Zielsetzungen, sowie der darauffolgenden Handlungsselektion. Kognitive Architekturen kann man dazu nutzen, die interne Konsistenz von kognitiven Theorien zu überprüfen, indem man testet, ob die theoretischen Modelle als Computerprogramm lauffähig sind. Darüber hinaus kann man aus den Architekturen testbare Hypothesen ableiten, die daraufhin mit empirisch ermittelten Daten verglichen werden können.
Die Architekturen sind ähnlich wie eine Programmiersprache konstruiert, welche es Anwendern erlaubt, eigene Ideen und Experimente in Form von Modellen bzw. Programmen zu implementieren. Die Modelle stellen dabei Annahmen über eine bestimmte Domäne/Aufgabe (Visuelle Suche, Sprachverarbeitung) auf und werden in die verwendete Sprache übersetzt. Mit Hilfe des Modells wird menschliches Verhalten (z.B. Reaktionslatenzen oder Genauigkeit) in einer Aufgabe simuliert, welches anschließend mit tatsächlichem Verhalten verglichen werden kann. Wird die Aufgabe durch das Modell korrekt simuliert, modifiziert man die Aufgabe leicht und konfrontiert das Modell erneut damit. So kann sichergestellt werden, dass ein Modell auch generalisierbar ist.
Anwendungsgebiete für Kognitive Architekturen sind z.B. der Bildungsbereich, wo sie als Tutorensysteme (Cognitive Tutoring System) eingesetzt werden können und Lernprozesse unterstützen, indem sie den Wissenstand einer lernenden Person kontinuierlich modellieren und darauf aufbauend die Schwierigkeit einer Aufgabe abschätzen sowie Feedback und Lernangebote formulieren. Auch in der Vorhersage von sicherheitskritischem Verhalten in Mensch-Maschine-Interaktionen (Bedienung eines schnellen Fahrzeugs) könnten Kognitive Architekturen hilfreich sein.
Es gibt nur einzelne kognitive Architekturen, die sich für die Bearbeitung einer größeren Menge von Problemen eignen und die sich in einem für die Anwendung nutzbaren Zustand befinden bzw. stets aktuell gehalten werden. Die bekanntesten dieser Architekturen sind ACT-R (Adaptive Control of Thought-Rational) und SOAR (State, Operator, Apply, Result).