Strukturalismus nach Stegmüller

Aus eLearning - Methoden der Psychologie - TU Dresden
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Der Wissenschaftsphilosoph Wolfgang Stegmüller (1923-1991) wollte mit seiner Theorie einen integrativen Ansatz zwischen den normativen und den deskriptiven Sichtweisen schaffen. Er postulierte, dass Wissenschaft an sich zwar rational ist (wie es beispielsweise Popper vertreten hatte), jedoch dadurch begrenzt wird, dass sie von Menschen ausgeführt werden muss (eine Ansicht die sich etwa bei Kuhn wiederfindet).

Er stellte zur Erläuterung eine Art „Anatomie einer Theorie“ auf:
Sie beständen zum einen aus einem logischen Strukturkern, der absolut unantastbar sei – nach Stegmüller waren korrekte formulierte Theorien in sich logisch widerspruchsfrei und damit immun gegen Falsifikation. Zum anderen gehörten dazu die intendierten (d.h. „gewollten“) Anwendungen bzw. Anwendungsmöglichkeiten. Diese stellten gewissermaßen Spezialgesetze oder Geltungsbereiche dar (die sich auch bei Lakatos in Form des „Ceteris Paribus“ finden).
Bei einem unerwarteten Ergebnis wäre eine Theorie per Definition unbelastet und sie auf Richtigkeit zu überprüfen, wäre sinnlos. Untersucht werden mussten demnach nur die intendierten Anwendungen (die menschlich festgelegt, und somit fehlbar waren).
Stegmüller wurde maßgeblich von Kuhn geprägt, weshalb er unter anderem dessen Theorie der Paradigmen und Revolutionen aufgriff.

Seine Interpretation im Licht der eigenen Ansichten war folgende: In der „Normalphase“ wurden die intendierten Anwendungen einer aktuell dominanten Theorie(-Familie) erforscht. Nach einer Revolution dann wird beliebig, ähnlich wie bei Kuhn, eine neue Theorie gewählt. Viele der alten intendierten Anwendungen sind nun nicht mehr passend, weshalb eine Menge neuer gewählt werden muss. Dieser Prozess wiederholt sich unendlich oft. Zur Verdeutlichung:
Ausgelagerte Bildbeschreibung von Strukturalismus
Wissenschaft wäre somit ein rationaler Prozess, der die Tragfähigkeit intendierter Anwendungen untersucht. Die Auswahl der jeweiligen Theorien/Forschungsprogramme/Paradigmen verläuft aber durchaus sprunghaft und irrational, unterliegt z.B. Moden.
Beispiel: der Behaviorismus könnte als eine solche Theorie im Sinne Stegmüllers gesehen werden. Er stieß auf eine große Breite an intendierten Anwendungen (in diesem Fall praktisch alle psychologischen Bereiche). Als aber z.B. mit dem Sprachenlernen eine ungenügende Anwendung identifiziert war, zog die (teils bereits frustrierte) Forschungscommunity weiter zum Kognitivismus. Das widerlegt nicht prinzipiell das Theorienkonstrukt des Behaviorismus. Als Theorie hat er aber (vorerst) ausgedient.