Denkkollektive nach Fleck: Unterschied zwischen den Versionen

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<br />Ludwik Fleck wirkte prägend auf die Sichtweise der [[Deskriptive Sichtweise|deskriptiven Wissenschaftstheorie]], selbst wenn sein Werk aufgrund seiner [http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwik_Fleck|schwierigen Situation] als Jude im nationalsozialistischen Deutschland  erst später durch die Nennung in den Schriften [[Paradigmen & Revolutionen nach Kuhn|Kuhns]] intensiver rezipiert wurde. Fleck formulierte die Ansicht, dass Menschen einem sogenannten '''Denkkollektiv''' angehören – einer Gruppe von Menschen, die sich durch den gleichen '''Denkstil''' auszeichnen. Als Denkstil sah er hierbei eine spezifische Art an, Schlussfolgerungen zu ziehen und diese für wahr zu halten.
<br />Ludwik Fleck wirkte prägend auf die Sichtweise der [[Deskriptive Sichtweise|deskriptiven Wissenschaftstheorie]], selbst wenn sein Werk aufgrund seiner [http://de.wikipedia.org/wiki/Ludwik_Fleck schwierigen Situation] als Jude im nationalsozialistischen Deutschland  erst später durch die Nennung in den Schriften [[Paradigmen & Revolutionen nach Kuhn|Kuhns]] intensiver rezipiert wurde. Fleck formulierte die Ansicht, dass Menschen einem sogenannten '''Denkkollektiv''' angehören – einer Gruppe von Menschen, die sich durch den gleichen '''Denkstil''' auszeichnen. Als Denkstil sah er hierbei eine spezifische Art an, Schlussfolgerungen zu ziehen und diese für wahr zu halten.


Auch die Wissenschaft selbst ist nach dieser Theorie ein Denkkollektiv, in das man erst eingeführt werden muss. ''Beispielsweise wird bereits in der Schule die wissenschaftliche Beobachtung gelehrt – ein Denkstil, der sich nicht von selbst entwickelt. '' Für welche Beobachtungsart und  
Auch die Wissenschaft selbst ist nach dieser Theorie ein Denkkollektiv, in das man erst eingeführt werden muss. ''Beispielsweise wird bereits in der Schule die wissenschaftliche Beobachtung gelehrt – ein Denkstil, der sich nicht von selbst entwickelt. '' Für welche Beobachtungsart und  

Version vom 23. Januar 2015, 15:18 Uhr


Ludwik Fleck wirkte prägend auf die Sichtweise der deskriptiven Wissenschaftstheorie, selbst wenn sein Werk aufgrund seiner schwierigen Situation als Jude im nationalsozialistischen Deutschland erst später durch die Nennung in den Schriften Kuhns intensiver rezipiert wurde. Fleck formulierte die Ansicht, dass Menschen einem sogenannten Denkkollektiv angehören – einer Gruppe von Menschen, die sich durch den gleichen Denkstil auszeichnen. Als Denkstil sah er hierbei eine spezifische Art an, Schlussfolgerungen zu ziehen und diese für wahr zu halten.

Auch die Wissenschaft selbst ist nach dieser Theorie ein Denkkollektiv, in das man erst eingeführt werden muss. Beispielsweise wird bereits in der Schule die wissenschaftliche Beobachtung gelehrt – ein Denkstil, der sich nicht von selbst entwickelt. Für welche Beobachtungsart und -interpretation man sich entscheidet, ist nicht nur erfahrungsbasiert sondern wird von der wissenschaftlichen Gemeinschaft vorgegeben und unterstützt. Tatsachen, wie wissenschaftliche Erkenntnisse, werden sogesehen nicht „gefunden“, sondern „entwickelt“, denn eine objektive Beobachtung, unabhängig vom Denkstil, gibt es nicht (siehe Konstruktivismus). (Aus Einfärbungen unter einem Mikroskop Schlüsse zu ziehen, bedarf der Initiation in das wissenschaftliche Denkkollektiv. Die Beobachtung verläuft nach Regeln, in die man zunächst eingewiesen werden muss.)
Demnach sind Denkkollektive soziale, sich selbst stabilisierende Systeme. Sie werden gebildet und gefestigt durch die Erfahrungen ihrer Mitglieder, deren Wahrnehmung sie wiederrum prägen.
Eine Besonderheit der Wissenschaft ist jedoch, dass sie per Definition nach Veränderung/Weiterentwicklung ihres Denkstils strebt. Allerdings ist sie nicht gefeit vor den sozialen und systemgesteuerten Einflüssen, auf denen jedes Denkkollektiv aufgebaut ist: die wissenschaftliche Wahrnehmung stabilisiert sich selbst, was zu einer konservativen Grundhaltung führt und angezeigten Veränderungen gelegentlich im Wege steht.