Kritischer Rationalismus (Popper)
Der kritische Rationalismus ist eine von Karl Popper begründete Denkrichtung, die sich um eine wertfreie, ideologiefreie Wissenschaft bemüht.
Er ging aus einem sozialhistorischen Kontext hervor, der geprägt war von historizistischen (d.h. in der Vergangenheit nach Belegen für ihre Theorien suchenden) Gesellschaftstheorien, sowie starken Ideologien wie dem Marxismus oder dem Nationalsozialismus. Von diesen wertenden Einflüssen wollte Popper die Wissenschaft befreien.
Das Ziel war, den Erkenntnisprozess weitestgehend vor Irrtum zu schützen. Dabei leugnete Popper nicht den unveränderbaren Einfluss von Werten und impliziten Theorien auf die menschliche Wahrnehmung. Er war sich bewusst, dass menschliche Erkenntnis immer konstruktiv und Menschen an sich fehlbar waren. Deshalb zog er unter anderem den Schluss, dass Induktion grundsätzlich als Methode ungeeignet sei.
Weiterhin nahm er an, dass sich Menschen der Wahrheit ohnehin nur annähern könnten. Eine abschließende Verifikation war damit unmöglich (da nicht alle Fälle untersucht werden können), nur das Ergebnis einer Falsifikation konnte als gesichert gelten.
Hieraus leitete Popper die strenge, aber auch neuen und ungewöhnlichen Theorien gegenüber tolerante Vorgabe ab: Alles kann eine Theorie sein – solange es falsifizierbar ist!
Durch ein solches Vorgehen, sollte man es entweder mit widerlegten oder aber mit ungesicherten Theorien zu tun haben. Da es für den wissenschaftlichen Fortschritt häufig notwendig ist, auf Vorhergegangenem aufzubauen, wurde allerdings zugelassen, Theorien, die schon oft der Falsifizierung widerstanden haben, in Übereinkunft vorübergehenderweise zu akzeptieren – natürlich nur, bis diese auch falsifiziert werden würden.
Der kritische Rationalismus stellt also die Forderung an die Wissenschaft, ständig zu versuchen sich selbst zu widerlegen. Dies sei die beste Strategie, einer Objektivität so nahe wie möglich zu kommen.
Eine grundlegende Kritik an Poppers Forderung nach falsifizierenden Experimenten zeigt sich im Argument des experimentellen Regresses. Das „Experimentum Crucis“, also das Experiment, das eine Theorie endgültig widerlegt, ist in der Realität eine problematische Forderung. Unerwartete Ergebnisse können auf viele Randbedingungen zurückgeführt werden und müssen nicht zwingend Rückschlüsse über die Theorie selbst erlauben.
Der Positivismusstreit stellte außerdem den Allgültigkeitsanspruch von Poppers Vorschlag in Frage und forderte besonders für die Sozialwissenschaften eine andere, wissenschaftskritische und konstruktivstisch geprägte Herangehensweise.
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