Der Publikationsprozess

Aus eLearning - Methoden der Psychologie - TU Dresden
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Die Publikation von Forschungsberichten hat zwei Ziele: Zum einen teilen Sie Ihre Kenntnisse anderen Forschern mit und erweitern den Wissenspool der wissenschaftlichen Community. Zum anderen aber hängt auch Ihre Existenz und Zukunft als Forscher davon ab, ob und wieviel Sie publizieren: die Zahl der Publikationen als eines der wichtigsten Maße für Ihren Erfolg und Einfluss as Forscher beeinflusst ihre Chance auf eine weitere Anstellung im Forschungssystem und auf neue Forschungsgelder.

Im Folgenden erhalten Sie einen Überblick über den Publikationsprozess.
Vor Beginn des Schreibprozesses (manche sagen schon zum Zeitpunkt der Planung der Studie) müssen einige Vorarbeiten geleistet werden. Zunächst wählen Sie ein Journal aus, an das Sie ihre Arbeit gerne schicken möchten. Für welches Journal Sie sich entscheiden, hängt zum einen von der Passung ihres Forschungsthemas mit der thematischen Ausrichtung der Zeitschrift zusammen. Außerdem sollten Sie abwägen, wie hoch die Qualität Ihrer Forschungsergebnisse ist und wie tragend deren Bedeutung ist. Je nachdem verändern sich die Chancen auf eine Publikation in bestimmten Journals. Nicht zuletzt sollten Sie in Erfahrung bringen, wie hoch die Qualität der gewünschten Fachzeitschrift angesehen wird, wie hoch ihr Impact ist (Einfluss der Zeitschrift, bestimmt anhand der Zitationen in anderen Journals) und welche Lesergruppen die Zeitschrift anspricht.
Wenn Sie sich anhand dieser Kriterien für ein Journal entschieden haben, schreiben Sie Ihren Artikel im gewünschten Stil. Der Großteil orientiert sich am Manual der Amercian Psychology Association ("APA-Style").
Nach mehreren internen Überarbeitungen mit Hilfe ihrer Koautoren, schicken Sie Ihre Arbeit dann online an das Journal (die sogenannte Submission – nach all der Arbeit, ein erster Grund, zu feiern). Dem Forschungsbericht müssen Sie einen sog. Coverletter beilegen, sowie unterstützende Materialien zur Erläuterung des Studienablaufs (Formeln, Bilder, Videos… abhängig vom Journal und der Komplexität Ihrer Studie). Im Coverletter stellen Sie Ihr Forschungsthema vor. Außerdem müssen Sie in der Regel die Exklusivität ihrer Studie zusichern und die Einhaltung aller ethischen Richtlinien garantieren. Gegebenenfalls beziehen Sie sich auf vorherige Einreichungen, insofern Sie bereits zum wiederholten Mal diese Arbeit einschicken (z.B. im Falle einer eingeladenen Wiedereinreichung, s.u.).

Nachdem ihre Arbeit beim Journal eingegangen ist, folgt das Reviewing-Verfahren. Der Herausgeber der Fachzeitschrift beauftragt nun einen sog. Action-Editor (AE). Der AE ist für die Entscheidungsfindung zuständig, ob Ihr Forschungsbericht in der Fachzeitschrift erscheinen wird oder nicht. Um dies beurteilen zu können, sucht sich der AE wiederum Gutachter, die sog. Reviewer (in der Regel 2-4 Reviewer). Diese schreiben jeweils ein Gutachten über Ihre Arbeit und eine Empfehlung an den AE. Das Gutachten besteht aus einer kurzen Zusammenfassung des Artikels und einer generellen Bewertung der Arbeit. Bewertet wird die Aktualität und Relevanz der Studie, die Qualität der Argumentation, das Versuchsdesign und statistische Verfahren, die Validität der Schlussfolgerungen und sekundäre Aspekte wie die sprachliche Qualität und andere Formalien. Einzelne schwerwiegendere Kritikpunkte (sog. Major Points) und Nebenbemerkungen (Minor Points) werden gesondert hervorgehoben. Die Empfehlung kann unterschiedlich ausfallen:
Reject: Ihre Arbeit passt nicht zum Thema des Journals, ist nicht wichtig genug oder weist so viele Mängel auf, dass das Journal eine Publikation endgültig ablehnt.
Resubmit: Ihrer Arbeit passt zum Journal, aber es mangelt generell an der Erfüllung von Qualitätskriterien. Sie werden gebeten, Ihre Arbeit entscheidend zu verbessern (z.B. durch weitere Kontrollstudien) und sie dann aber nochmals einzuschicken.
Major Revision: Es wird die konkrete Verbesserung einiger großer Kritikpunkte (Major Points) erbeten.
Minor Revision: Es sind aus Sicht der Reviewer nur Einzelheiten zu verbessern, die aber einer Annahme der Arbeit nicht prinzipiell im Wege stehen.
Accept: Ihre Arbeit wird vom Journal angenommen und publiziert.

Insofern der AE mit der Empfehlung des Reviewers konform geht, verfasst dieser nun einen "Decision-Letter" an den Autor, der das Urteil (Reject, Accept etc.), Empfehlungen und Kernpunkte der Kritik darlegt.
Erhalten Sie das Urteil einer Revision (Resubmit, Major Revision oder Minor Revision), ist es nun Ihre Aufgabe, auf alle Kritikpunkte einzugehen und sie gegebenenfalls in Ihrer Arbeit zu verbessern. Möglicherweise möchten Sie bestimmte Kritikpunkte auch zurückweisen, weil Sie sie als unberechtigt erachten. Reagieren Sie wertschätzend, und diplomatisch – schließlich geben sich die Reviewer meist große Mühe, zur Verbesserung der Arbeit beizutragen - und arbeiten Sie mit konstruktiven Argumenten.
Wenn Ihr Manuskript (anschließend) akzeptiert wird, dürfen Sie sich freuen, da Ihre Arbeit zu den 20% der Berichte gehört, die statistisch schließlich angenommen werden. Nun müssen Sie Ihren Bericht noch nach den technischen Kriterien des Verlags formatieren (wenn nicht schon geschehen). Sie erhalten anschließend eine Druckversion, die Sie noch einmal überprüfen müssen.

Leider werden 80% aller eingehenden Forschungsberichte abgelehnt. Gehört auch Ihrer dazu, atmen Sie durch. Sie müssen als Wissenschaftler eine große Frusttoleranz mitbringen! Nutzen Sie die Gutachten der Reviewer, um Ihre Arbeit zu analysieren und zu verbessern. Möglicherweise müssen Sie Ihren Bericht aber auch neu schreiben und die Liste potentieller Journals weiter abarbeiten.

Der Weg von ersten Überlegungen zu einer Studie bis zu deren Publikation ist sehr lang (oftmals mehr als ein Jahr). Als Forscher müssen Sie sich an diesen Alltag gewöhnen, einen langen Atem haben und dürfen sich nicht entmutigen lassen.