Interessengruppen und Interessenausgleich

Aus eLearning - Methoden der Psychologie - TU Dresden
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Eine große Herausforderung in der Welt der Wissenschaft ist es, die unterschiedlichen Ziele verschiedener Interessengruppen zu vereinen, beziehungsweise einen sinnvollen und ausgewogenen Ausgleich zu finden. Denn Wissenschaft ist nicht nur das reine Streben nach neuer Erkenntnis. Sie ist an die Erwartungen der Wissenschaftler, der Medien, der Gesellschaft und der Förderinstitutionen und Universitäten geknüpft und durch sie beeinflusst.

Wissenschaftler

Ein Wissenschaftler hat in der Regel insbesondere ein inhaltliches Forschungsinteresse. Um forschen zu können, müssen ihm aber auch Mittel zur Verfügung stehen. Forschung hängt also z.B. davon ab, ob Anträge für Forschungsgelder genehmigt werden oder nicht.
Da wissenschaftliche Ergebnisse auch anderen kommuniziert werden, kann ein Wissenschaftler auch das persönliche Interesse haben, durch seine Forschung einen gewissen Status zu erreichen – innerhalb sowie außerhalb der Forschungscommunity. Dieser Status wird mitunter dadurch erreicht, dass der Forscher es schafft, viele seiner Studien zu publizieren. Ob eine Studie publiziert wird, hängt zwar in erster Linie davon ab, ob sie wissenschaftlich korrekt durchgeführt und fehlerfrei ausgewertet wurde, also eine wissenschaftliche Aussagekraft besitzt. Jedoch können auch weitere Faktoren eine Rolle spielen, wie die Größe und Besonderheit der Effekte und Phänomene, die in einer Studie gefunden wurden oder, ob ein Forschungsthema für die Wissenschaft und Gesellschaft als relevant oder auch interessant angesehen wird (Populärwissenschaft).
Schließlich hängt auch die weitere Karriere eines Wissenschaftlers zu einem großen teil davon ab,on er seine Ergebnisse erfolgreich publiziert. Ohne Publikation droht dem Forscher also, kein Einkommen (z.B. aus einer universitären Stelle) mehr zu haben – ein Einkommen, das also aus ganz pragmatischen Gründen ebenfalls ein Ziel des Forschens ist.

Institutionen

Auch Institutionen teilen das inhaltliche Forschungsinteresse, um zu einem Erkenntnisfortschritt zu gelangen, die gewonnene Erkenntnis im nächsten Schritt in der Praxis anwenden zu können und Einfluss auf die weitere Entwicklung in bestimmten Lebensbereichen zu nehmen. So, wie ein Wissenschaftler nach Anerkennung und Status strebt, ist es auch ein Ziel von Forschungsinstituten und Universitäten, durch erfolgreiche Forschung einen guten Ruf zu erhalten. Universitäten erhalten beispielsweise zusätzliche Gelder (z.B. im Rahmen der sogenannten Excellenz-Initiative) und werden attraktiver für Studierende und erfolgreiche Forscher, wenn Sie einen durch viele und hochangesehene Forschungsergebnisse erworbenen guten Ruf haben.

Gesellschaft

Schließlich besteht auch ein großes gesellschaftliches Interesse an Forschung. Die Gesellschaft erwartet eine sich erhöhende Lebensqualität und einen ständigen Wissensfortschritt durch die Wissenschaft. Jeder deutsche Bürger zahlt Steuergelder, die zu Forschungszwecken eingesetzt werden - also möchte er diese auch in guten Händen wissen und einen persönlichen Nutzen daraus ziehen können. Zudem beeinflusst die Wissenschaft das allgemein vorherrschende Weltbild und erhält zunehmend Aufmerksamkeit zu Unterhaltungszwecken (Fachzeitschriften, TV-Sendungen etc.).

Medien

Dementsprechend findet Wissenschaft auch stets mehr Einzug in den Medien. Diese sind primär daran interessiert, ihre Reichweite zu sichern und zu erhöhen, während die inhaltliche/forscherische Qualität und ein guter Ruf jeweils von der Ausrichtung des jeweiligen Mediums abhängen. Medien sind letztlich also bestrebt, für die Allgemeinheit spannende "Geschichten" zu veröffentlichen.


Diese so unterschiedlichen Interessen an Forschung können ein starkes Spannungsfeld erzeugen, wenn es darum geht zu entscheiden, was und auf welche Art und Weise geforscht wird. Zwischen dem Wunsch, den Fortschritt der Wissenschaft stets zu gewährleisten und dem Bedürfnis, Studienteilnehmer und die Gesellschaft nicht zu sehr zu belasten (Teilnahme an Studien, zeitlicher und psychischer Aufwand, Steuergelder) muss eine Interessenbalance hergestellt werden. Um diese Balance zwischen Forschungsgewinn und Kosten für Gesellschaft und Versuchsperson kümmert sich in vielen Ländern und Institutionen ein Gremium, die Ethikkommission, das auf verschiedene Art zusammengesetzt sein kann. Im Folgenden beschreiben wir eine mögliche Zusammensetzung:

Die Ethikkommission

Die Ethikkommission besteht aus mindestens fünf Mitgliedern, darunter befinden sich in der Regel Mediziner, Wissenschaftler, Juristen und Theologen. Ihre Aufgabe ist es insbesondere, Forschungsvorhaben zu beurteilen hinsichtlich ihres Risikos jeglicher Gefährdung der teilnehmenden Probanden. Sie prüft insbesondere:

  • Die Vorkehrungen zur Minimierung des Probanden-Risikos
  • Das Verhältnis zwischen Nutzen und Risiken
  • Die hinreichend belegte Einwilligung der Probanden bzw. ihrer gesetzlichen Vertreter
  • Die Einhaltung gesetzlicher Bestimmungen und Datenschutz-Bestimmungen


Vor Beginn einer Studie muss der Forscher einen schriftlichen Antrag zur Durchführungsgenehmigung an die Kommission schicken, der das Forschungsvorhaben mit seinen Inhalten, Zielen und jeglichen Sicherheitsvorkehrungen darstellt. Ein Antrag muss folgende Informationen enthalten:

  • Ziel und Verlaufsplan des Vorhabens
  • Art und Zahl der Probanden sowie deren Auswahlkriterien
  • alle Schritte des Untersuchungsablaufs
  • Belastungen und Risiken für die Probanden
  • Regelungen zur Aufklärung der Probanden über den Versuchsverlauf
  • Regelungen zur Einwilligung in die Teilnahme an der Untersuchung
  • Möglichkeiten der Probanden, die Teilnahme abzulehnen oder zurückzutreten
  • Regelungen der Zustimmung zur Versuchsteilnahme durch Sorgeberechtigte
  • Datenanonymisierung und Datenschutzmaßnahmen



Was ethisch in den einzelnen Punkten zu beachten ist, wird im Kapitel "Ethische Behandlung von Versuchspersonen" ausführlich beschrieben.