Quasi-Experimente: Unterschied zwischen den Versionen
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Quasiexperimente besitzen, wie der Name schon vermuten lässt, einen geringeren kausaltheoretischen Status als "echte" [[Experimente]]. Sie sind jedoch kausaltheoretisch wertvoller als vorexperimentelle-, [[Ex-Post-Facto | Quasiexperimente besitzen, wie der Name schon vermuten lässt, einen geringeren kausaltheoretischen Status als "echte" [[Experimente]]. Sie sind jedoch kausaltheoretisch wertvoller als vorexperimentelle-, [[Ex-Post-Facto Designs|Ex-post-facto-]], und [[Korrelative Forschung|korrelative Studien]], sie nehmen also eine Mittelstellung ein. Quasiexperimentelle Designs beinhalten wie die experimentellen Pläne eine aktive Manipulation der [[unabhängige Variablen|unabhängigen Variable]] (UV) seitens des Versuchsleiters, '''allerdings finden die Untersuchungen meist nicht im Labor statt, sondern im Feld (Felduntersuchung)'''. Dort sind die Techniken der [[Randomisierung]], [[Blockbildung]] oder [[Wiederholungsmessung]] oft nicht anwendbar – dadurch wird die [[Varianz#Sekundärvarianz|Sekundärvarianz]] weniger stark kontrolliert. Deshalb ist die [[experimentelle Validität|interne Validität]] von Quasiexperimenten im Allgemeinen geringer als die von strengen Experimenten. | ||
Nach Sarris (1992, S. 148) sind Quasiexperimente solche Designs, "bei denen eine oder mehrere […] Sekundarfehlerquellen methodisch nicht befriedigend kontrolliert bzw. kontrollierbar sind. Es ist meist nicht die Unzulänglichkeit […] des Untersuchers, sondern vielmehr die Natur des psychologischen Untersuchungsobjekts selbst, welche nur eine geringe Kontrolle der die interne Validität bedrohenden Faktoren ermöglicht, als dies vergleichsweise für die strengen experimentellen Designs zutrifft." | Nach Sarris (1992, S. 148) sind Quasiexperimente solche Designs, "bei denen eine oder mehrere […] Sekundarfehlerquellen methodisch nicht befriedigend kontrolliert bzw. kontrollierbar sind. Es ist meist nicht die Unzulänglichkeit […] des Untersuchers, sondern vielmehr die Natur des psychologischen Untersuchungsobjekts selbst, welche nur eine geringe Kontrolle der die interne Validität bedrohenden Faktoren ermöglicht, als dies vergleichsweise für die strengen experimentellen Designs zutrifft." | ||
In vielen Felduntersuchungen ist es nicht möglich oder zu riskant die o. g. experimentellen Techniken anzuwenden. Beispielsweise wäre bei einer Untersuchung in einer Schule die Gefahr von [[Reaktivitätseffekte]]n groß, wenn man nach dem Zufallsprinzip einzelne Schüler einer Klasse anders behandeln würde als andere. Deshalb nimmt man lieber ganze Schulklassen als feste Gruppen und damit die dadurch entstehenden [[ | In vielen Felduntersuchungen ist es nicht möglich oder zu riskant die o. g. experimentellen Techniken anzuwenden. Beispielsweise wäre bei einer Untersuchung in einer Schule die Gefahr von [[Probandeneffekte|Reaktivitätseffekte]]n groß, wenn man nach dem Zufallsprinzip einzelne Schüler einer Klasse anders behandeln würde als andere. Deshalb nimmt man lieber ganze Schulklassen als feste Gruppen und damit die dadurch entstehenden [[Auswahlverzerrungen]]n in Kauf. Mit dem Quasiexperiment wendet man in solchen Situationen je nach Design andere Kontrollmöglichkeiten an. Im Beispiel könnte man eine zusätzliche Vorhermessung bei den Schulklassen durchführen, um Ausgangsunterschiede zu kontrollieren. Durch die Vorhermessung würde aber nicht jede, sondern nur die gemessene Variable kontrolliert. In Quasiexperimenten werden Auswahlverzerrungen also in Bezug auf die gemessene Variable kontrolliert. Im Beispiel wäre die Untersuchung dann nicht mehr vorexperimentell (statischer Gruppenvergleich), sondern quasiexperimentell (nichtäquivalenter Kontrollgruppenplan). Das Quasiexperiment zeichnet sich also dadurch aus, dass zwar keine Randomisierung möglich ist, aber die UV manipuliert wird und die interne Validität höher gehalten wird als bei Vorexperimenten. | ||
Neben den [[Nicht-äquivalente Kontrolldesigns|Nicht-äquivalenten Kontrolldesigns]] zählen auch [[Zeitreihendesigns]] zu den Quasiexperimenten. Symbolisch gekennzeichnet werden sie nach Sarris (1992) mit einem Q. | Neben den [[Nicht-äquivalente Kontrolldesigns|Nicht-äquivalenten Kontrolldesigns]] zählen auch [[Zeitreihendesigns]] zu den Quasiexperimenten. Symbolisch gekennzeichnet werden sie nach Sarris (1992) mit einem Q. | ||
Quasiexperimente sind bei sorgfältiger Planung für die angewandte Forschung unverzichtbar. Sie können im Gegensatz zu Vorexperimenten und "echten" Experimenten zugleich ein hohes Ausmaß an sowohl interner als auch [[externer Validität]] erzielen. Strenge Experimente und Quasiexperimente können sich gegenseitig ergänzen. | Quasiexperimente sind bei sorgfältiger Planung für die angewandte Forschung unverzichtbar. Sie können im Gegensatz zu Vorexperimenten und "echten" Experimenten zugleich ein hohes Ausmaß an sowohl interner als auch [[experimentelle Validität|externer Validität]] erzielen. Strenge Experimente und Quasiexperimente können sich gegenseitig ergänzen. |
Aktuelle Version vom 10. Juli 2015, 09:18 Uhr
Quasiexperimente besitzen, wie der Name schon vermuten lässt, einen geringeren kausaltheoretischen Status als "echte" Experimente. Sie sind jedoch kausaltheoretisch wertvoller als vorexperimentelle-, Ex-post-facto-, und korrelative Studien, sie nehmen also eine Mittelstellung ein. Quasiexperimentelle Designs beinhalten wie die experimentellen Pläne eine aktive Manipulation der unabhängigen Variable (UV) seitens des Versuchsleiters, allerdings finden die Untersuchungen meist nicht im Labor statt, sondern im Feld (Felduntersuchung). Dort sind die Techniken der Randomisierung, Blockbildung oder Wiederholungsmessung oft nicht anwendbar – dadurch wird die Sekundärvarianz weniger stark kontrolliert. Deshalb ist die interne Validität von Quasiexperimenten im Allgemeinen geringer als die von strengen Experimenten.
Nach Sarris (1992, S. 148) sind Quasiexperimente solche Designs, "bei denen eine oder mehrere […] Sekundarfehlerquellen methodisch nicht befriedigend kontrolliert bzw. kontrollierbar sind. Es ist meist nicht die Unzulänglichkeit […] des Untersuchers, sondern vielmehr die Natur des psychologischen Untersuchungsobjekts selbst, welche nur eine geringe Kontrolle der die interne Validität bedrohenden Faktoren ermöglicht, als dies vergleichsweise für die strengen experimentellen Designs zutrifft."
In vielen Felduntersuchungen ist es nicht möglich oder zu riskant die o. g. experimentellen Techniken anzuwenden. Beispielsweise wäre bei einer Untersuchung in einer Schule die Gefahr von Reaktivitätseffekten groß, wenn man nach dem Zufallsprinzip einzelne Schüler einer Klasse anders behandeln würde als andere. Deshalb nimmt man lieber ganze Schulklassen als feste Gruppen und damit die dadurch entstehenden Auswahlverzerrungenn in Kauf. Mit dem Quasiexperiment wendet man in solchen Situationen je nach Design andere Kontrollmöglichkeiten an. Im Beispiel könnte man eine zusätzliche Vorhermessung bei den Schulklassen durchführen, um Ausgangsunterschiede zu kontrollieren. Durch die Vorhermessung würde aber nicht jede, sondern nur die gemessene Variable kontrolliert. In Quasiexperimenten werden Auswahlverzerrungen also in Bezug auf die gemessene Variable kontrolliert. Im Beispiel wäre die Untersuchung dann nicht mehr vorexperimentell (statischer Gruppenvergleich), sondern quasiexperimentell (nichtäquivalenter Kontrollgruppenplan). Das Quasiexperiment zeichnet sich also dadurch aus, dass zwar keine Randomisierung möglich ist, aber die UV manipuliert wird und die interne Validität höher gehalten wird als bei Vorexperimenten.
Neben den Nicht-äquivalenten Kontrolldesigns zählen auch Zeitreihendesigns zu den Quasiexperimenten. Symbolisch gekennzeichnet werden sie nach Sarris (1992) mit einem Q.
Quasiexperimente sind bei sorgfältiger Planung für die angewandte Forschung unverzichtbar. Sie können im Gegensatz zu Vorexperimenten und "echten" Experimenten zugleich ein hohes Ausmaß an sowohl interner als auch externer Validität erzielen. Strenge Experimente und Quasiexperimente können sich gegenseitig ergänzen.