Theorien

Aus eLearning - Methoden der Psychologie - TU Dresden
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Eine Theorie ist eine Sammlung von Kausalrelationen, also ein System von Aussagen (Hypothesen), das komplexe Phänomene erklärt.

Theorien stellen eine Zusammenfassung des bestehenden Wissens über ein bestimmtes Phänomen dar und liefern mögliche Erklärungsansätze – dadurch bilden sie auch eine Basis für Verhaltensvorhersagen. Sie sind niemals endgültig und werden ständig durch empirische Forschung infrage gestellt, überarbeitet, oder gar verworfen.
Theorien sollten wie die Hypothesen intern und extern widerspruchsfrei, sowie falsifizierbar sein – d.h. Hypothesen enthalten oder generieren, die überprüf- und widerlegbar sind. Dies bedeutet auch, dass sie nicht alle möglichen Resultate erklären können, denn dann wäre eine Vorhersage unmöglich.
(Wenn ich beobachte, was passiert, wenn meine Versuchsgruppe ein neues Diätprodukt benutzt, gibt es drei Ausgangsmöglichkeiten: Entweder, das durchschnittliche Gewicht nimmt ab, oder zu, oder es verändert sich nicht. Erklärt eine Theorie nun alle drei dieser Ausgänge, ist sie nutzlos. Ich kann auf der Grundlage der Theorie keinerlei Vorhersage über das Ergebnis des Versuchs treffen, da keine der Möglichkeiten ausgeschlossen wird. Ich kann nicht mal ansatzweise vermuten, ob die Versuchspersonen im Durchschnitt zunehmen, abnehmen, oder ihr Gewicht beibehalten – denn die Theorie bietet eine Erklärung für alle Ausgänge an. Weshalb auch eine Falsifizierung unmöglich wird, da kein Ereignis eintreten kann, das mit der Theorie nicht vereinbar ist.)

Ansprüche an wissenschaftliche Theorien:

  1. Theorien sollten möglichst präzise, d.h. eindeutig und verständlich in der Formulierung der Begriffsdefinitionen sein.
  2. Schlussfolgerungen aus Theorien sollen nach den Gesetzen der Logik getroffen werden und widerspruchsfrei sein.
  3. Das wesentliche Merkmal der realwissenschaftlichen Disziplinen ist, dass ihre Theorien in Übereinstimmung mit der Realität und damit empirisch abgesichert sein müssen.
  4. Theorien sollen einen hohen Informationsgehalt aufweisen, d.h. möglichst allgemeingültig sein und in einem möglichst breiten Anwendungsbereich gelten.
  5. Eine sparsame und effiziente Formulierung von Annahmen und Hypothesen trägt zusätzlich zu Verständlichkeit und Allgemeingültigkeit von Theorien bei. Hierfür kann es hilfreich sein, die theoretischen Annahmen z.B. anhand von Variablengleichungen zu formalisieren.
  6. Theorien sollten immer eine bestmögliche Integration des aktuellen Forschungsstandes darstellen und nicht im Widerspruch zu anderen, empirisch bewährten Theorien stehen.

Neben dem wissenschaftlichen Wert besitzt eine Theorie außerdem einen heuristischen Wert. Jede Theorie kann in ihrem Bereich als Daumenregel und Anregung bei der Beschreibung, Erklärung und Vorhersage von neuen oder bislang unerforschten Phänomenen fungieren.
Idealerweise knüpft eine neue Theorie an andere, bereits vorhandene, an.


Die Theorie, dass Kälte eine Erkältung wahrscheinlicher macht, ist intern und extern widerspruchsfrei (aus medizinischer Sicht würde es beispielsweise durchaus Sinn ergeben). Man kann aus ihr die Hypothese generieren, dass eine Gruppe von Menschen, die regelmäßig mit nassen Haaren vor die Tür geht, öfter krank wird als eine Kontrollgruppe. Falsifizierbar ist dies auch – die Theorie wurde sogar schon mehrfach widerlegt.

Beispiel für eine dahingehend hoch kritisierte Theorie ist die Freud'sche Psychodynamik - sie wird von Kritikern oft als „nicht falsifizierbar“ gehandelt, da die postulierten Mechanismen immer ein Hintertürchen für nichtübereinstimmende Beobachtungen offenließen.

[Für ein Schaubild der Relation zwischen Theorien und Hypothesen siehe Erklären.]




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