Dennets Strategien der Erklärung und Vorhersage
Daniel C. Dennet ist einer der im Moment maßgebenden Vertreter der Philosophie des Geistes (Leib-Seele-Problem, v.a. Eliminativer Materialismus). Er unterscheidet drei verschiedene Strategien, mit denen wir Verhalten erklären und vorhersagen: physikalisch, funktional und intentional.
Die physikalische Strategie beschreibt die Methode der Physik. D.h. man macht Aussagen über Zustände eines Gegenstandes mit Hilfe bekannter grundlegender Gesetzmäßigkeiten der Materie. Diese Strategie hat vor allem Erfolg bei einfachen, unbelebten Gegenständen (z.B. die Flugbahn der Planeten erklären und vorhersagen u.v.m.). Sie setzt allerdings das Wissen über die zugrunde-liegenden kausalen Mechanismen voraus (Keppler'sche Gesetze, Gravitationsgesetze). Wenn dieses Wissen (noch) nicht gegeben ist und man trotzdem Verhalten/Eigenschaften von Gegenständen erklären und vorhersagen will, muss man auf eine weniger anspruchsvolle Vorgehensweise zurückgreifen: die funktionale Strategie.
Physik -> Geschichte: Galileo Galilei, Issaac Newton, Johannes Keppler
Bei der funktionalen Strategie werden einzelne Bestandteile des Gegenstandes oder der gesamte Gegenstand selbst zu einer funktionalen Einheit zusammengefasst. D.h. eine Einheit, die zu einem bestimmten Zweck da ist. Alles, was innerhalb dieser Einheit passiert, wird aus pragmatischen Gründen vernachlässigt. Das lässt sich gut an Alltagsgegenständen veranschaulichen. Z.B. von einer Uhr wissen wir, dass sie zuverlässig die Zeit anzeigt, wenn sie mit Strom versorgt oder aufgezogen wurde. Das Verhalten der Uhr lässt sich damit ausreichend erklären und vorhersagen (weil sie für uns auch nur in ihrer Funktion als Zeitanzeige sinnvoll ist). Nach welchen physikalischen Gesetzen ihre Bauteile dabei genau interagieren, interessiert nicht. Die zugrundeliegenden kausalen Mechanismen werden zur Vereinfachung übersprungen. Die funktionale Strategie lässt sich gut in der Biologie oder auch bei komplexeren Gegenständen (Maschinen, Computer, etc.) anwenden.
Biologie -> Geschichte: Charles Darwin, Systemtheorie
Ist der Gegenstand immer noch zu komplex, so wenden Menschen automatisch eine weitere Vereinfachung an: die intentionale Strategie. Sie bedeutet, dass wir komplexe Systeme als Personen ansehen, die eigene Intentionen haben aufgrund von Bedürfnissen, Wünschen, Zielen, usw. Auf Basis dieser Wünsche und Ziele erklären wir dann das Verhalten der Person bzw. sagen es voraus. Z.B. „Dabei nehmen wir an, dass das System optimal konstruiert ist. D.h. um seine Ziele zu erreichen denkt das System perfekt rational – so wie ein Schachcomputer seine Züge plant“ (deshalb haben wir nach Dennet auch manchmal das intuitive Gefühl, dass Roboter oder künstliche Spielgegner eine echte Person sind). Diese Strategie verwenden wir vor allem im alltäglichen Miteinander unter Menschen, aber auch bei uns selbst – kurz: in der Alltagspsychologie. Eine genaue Definition der Umstände unter welchen wir ein System als intentional wahrnehmen, bleibt Dennet allerdings schuldig. Das heißt, es liegt eigentlich im Auge des Betrachters, wann und auf was wir diese Strategie anwenden.
Einordnung der Wissenschaften, Psychologischen Schulen und Therapierichtungen: